Mit der Abmahnung soll ein Verhalten des Arbeitnehmers gerügt werden, das gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt. Bei der Abmahnung handelt es sich also um ein vertragliches Rügerecht.
Rechtsgrundlage der Abmahnung ist u.a. der in § 314 Abs. 2 BGB konkretisierte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wonach vor Einwirkung auf den Inhalt oder den Bestand des Vertragsverhältnisses durch eine Abmahnung zunächst Gelegenheit zur Änderung eines beanstandeten Verhaltens gegeben wird.
Voraussetzung für eine Abmahnung ist ein willentlich steuerbares pflichtwidriges Verhalten.
Nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Arbeitgeber können abgemahnt werden, wenn sie ihrerseits arbeitsvertragliche Pflichten verletzen.
Ihr Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Jens-Uwe Friemann erklärt in diesem Beitrag, welche Funktionen eine Abmahnung hat, welche Gründe für eine Abmahnung in Betracht kommen und wie man sich als Arbeitnehmer gegen eine Abmahnung wehren kann.
Wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis eingehen, übernehmen beide Parteien Pflichten. Verstößt eine Vertragspartei gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten, sollte das die andere Vertragspartei nicht stillschweigend hinnehmen. Die Abmahnung dient dazu, den Vertragspartner, der den arbeitsvertraglichen Pflichten zuwider handelt, auf diesen Verstoß aufmerksam zu machen und ihn aufzufordern, diesen Verstoß in Zukunft zu unterlassen.
In den meisten Fällen wird der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch eine Abmahnung auf sein pflichtwidriges Verhalten hinweisen. Die Abmahnung steht jedoch beiden Vertragsparteien zu.
Der Arbeitnehmer kann den Arbeitgeber abmahnen, wenn dieser z. B. den Lohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt.
Vor Ausspruch einer Abmahnung, die ein einschneidender Schritt ist, kann der Arbeitgeber oder Vorgesetzte auch eine (mündliche) Ermahnung oder Verwarnung aussprechen. Dies ist in der Regel dann sinnvoll, wenn die Pflichtverletzung nicht schwerwiegend war oder die Folgen der Pflichtverletzung gering waren. Es sollte also eine gewisse Schwelle der Pflichtverletzung überschritten sein, bevor eine Abmahnung ausgesprochen wird.
Insbesondere dann, wenn es sich nur um einen versehentlichen Verstoß gegen eine Pflicht handelt, bieten sich solche - weniger einschneidenden - Ansprachen des Arbeitnehmers an. Die Ermahnung oder Verwarnung ist auch deshalb weniger einschneidend, da nicht mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen oder einer Kündigung gedroht wird.
Wichtige Fragen zum Thema Kündigung beantworten wir in unserem Beitrag zum Thema.
Damit eine Abmahnung ihre Funktion erfüllen kann und rechtlich wirksam ist, muss sie drei Voraussetzungen erfüllen:
Die Abmahnung wird in die Personalakte des Arbeitnehmers aufgenommen. Dies kann zu beruflichen Nachteilen führen, z. B. wenn der Arbeitnehmer nicht befördert wird, weil er eine Abmahnung in der Personalakte hat.
Eine Abmahnung hat in der Regel keine unmittelbaren Folgen. Allerdings drohen weitere Abmahnungen und in letzter Konsequenz eine verhaltensbedingte Kündigung, wenn das abgemahnte Verhalten nicht abgestellt wird. Abmahnungen sollten daher bei Erhalt genau geprüft und gegebenenfalls angegriffen werden, wenn die Vorwürfe nicht der Wahrheit entsprechen.
Eine Abmahnung ist insbesondere bei folgenden Pflichtverstößen möglich:
Eine Abmahnung wäre beispielsweise dagegen unwirksam und letztlich nutzlos, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen Krankheit oder unverschuldeter Schlechtleistung abmahnen sollte. In solchen Fällen kann der Arbeitnehmer sein „Verhalten“ nicht abstellen oder eine Krankheit nicht durch sein Verhalten beeinflussen.
Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Fehler können z.B. durch private Sorgen, ein schlechtes Betriebsklima, Unachtsamkeit, verschlissene Werkzeuge oder ungenaue Anweisungen entstehen. Fehler rechtfertigen daher in der Regel keine Abmahnung.
Der Arbeitnehmer schuldet eine durchschnittliche Arbeitsleistung. Er muss so gut arbeiten, wie er kann. Ein bestimmter Arbeitserfolg wird aber nicht geschuldet. Deshalb können unbeabsichtigte Fehler in der Regel weder zu einer Abmahnung noch zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen.
Ein Mitarbeiter ist immer derjenige, der am langsamsten arbeitet oder dessen Fehlerquote am höchsten ist. Würden unbeabsichtigte Fehler zu Abmahnungen und Kündigungen führen, könnte der Arbeitgeber immer den Arbeitnehmer mit der höchsten Fehlerquote abmahnen und entlassen, bis kein Arbeitnehmer mehr da ist.
Wenn man jedoch seine Arbeit absichtlich nicht so gut macht, wie man könnte, weil man sich durch das Smartphone ablenken lässt oder bewusst Fehler macht, dann kann es durchaus zu einer Abmahnung oder verhaltensbedingten Kündigung kommen.
Ziel der Abmahnung ist es, dem Arbeitnehmer zunächst sein pflichtwidriges Verhalten vor Augen zu führen und ihn zu veranlassen, dieses Verhalten künftig zu unterlassen. Deshalb kann nur ein Verhalten abgemahnt werden, auf das der Arbeitnehmer willentlich Einfluss nehmen kann. Die Abmahnung darf nicht allein der Vorbereitung einer verhaltensbedingten Kündigung dienen.
Der verhaltensbedingten Kündigung muss regelmäßig eine Abmahnung vorausgehen, damit eine spätere Kündigung wirksam ist. Die Abmahnung muss bei einer verhaltensbedingten Kündigung einschlägig sein, d.h. es muss sich um die Wiederholung einer bereits abgemahnten gleichartigen Pflichtverletzung handeln.
War die Pflichtverletzung allerdings sehr schwerwiegend oder hatte sie gravierende Folgen, kann der Arbeitgeber ausnahmsweise auch ohne vorherige Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. Dies sind Pflichtverletzungen, die es für den Arbeitgeber unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Ist auch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar, kommt daneben eine außerordentliche fristlose Kündigung gem. § 626 BGB in Betracht.
Ob der Arbeitgeber zur verhaltensbedingten Kündigung ohne Abmahnung berechtigt war, hängt vom Einzelfall ab. Ein geringwertiger Diebstahl in einem ansonsten störungsfreien langjährigen Arbeitsverhältnis rechtfertigt in der Regel noch keine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung.
Für Abmahnungen gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Form. Die Abmahnung wird, unabhängig von ihrer Form, nur dann wirksam, wenn sie dem Arbeitnehmer auch zugeht. Abmahnungen kann der Arbeitgeber auch mündlich erteilen. Dann wird die Abmahnung sofort wirksam, wenn der Arbeitgeber die mündliche Abmahnung mitteilt. Aufgrund der Beweislast wird der Arbeitgeber aber zumeist eher eine schriftliche Abmahnung erteilen.
Die schriftliche Abmahnung wird wirksam, wenn sie dem Arbeitnehmer zugeht, also in seinen Briefkasten eingeworfen wurde. Zu dem Zeitpunkt, an dem regelmäßig mit der Kenntnisnahme beim Empfänger gerechnet werden kann, gilt die Abmahnung als zugegangen. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme beim Empfänger kommt es nicht an.
Hält man eine Abmahnung sachlich für ungerechtfertigt, unwirksam oder fehlerhaft, kann man in einer Gegendarstellung seine Sicht der Dinge darlegen. Die Gegendarstellung muss der Arbeitgeber zusammen mit der Abmahnung zur Personalakte nehmen, § 83 Abs. 2 BetrVG. Eine ungerechtfertigte Abmahnung wird dadurch jedoch noch nicht aus der Welt geschafft.
Allerdings kann diese zur Personalakte genommene Gegendarstellung später in einem Kündigungsrechtsstreit Bedeutung insofern erlangen, als dass es dann auch um die Frage geht, ob diese Abmahnung berechtigt war und die spätere verhaltensbedingte Kündigung daraufhin wirksam erklärt werden konnte.
Arbeitnehmer haben einen Anspruch darauf, dass eine unberechtigte Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird. Dazu kann ein Rechtsanwalt den Arbeitgeber außergerichtlich auffordern, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Sollte sich der Arbeitgeber weigern oder diese Aufforderung ignorieren, kann vor dem Arbeitsgericht auf Entfernung der Abmahnung geklagt werden.
Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die abgemahnten Pflichtverletzungen vom Arbeitnehmer auch begangen wurden bzw. dass es sich dabei nicht nur um Bagatellen oder Kleinigkeiten handelt, liegt beim abmahnenden Arbeitgeber.
Hat man vor dem Arbeitsgericht mit so einer Klage Erfolg, darf der Arbeitgeber die Abmahnung nicht mehr zum Anlass für eine verhaltensbedingte Kündigung nehmen oder andere Rechtsfolgen aus der Abmahnung herleiten.
Wie man sich nach einer Abmahnung verhält, hängt stark vom Einzelfall ab und sollte mit einem auf das Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt besprochen werden. Wir sind für Sie da! Kontaktieren Sie uns unter 040 / 53 53 840 oder per Mail an kanzlei@wtnet.de.
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