Erbe ausschlagen - 9 wissenswerte Fragen und Antworten

Sind Sie Erbe geworden und möchte das Erbe nicht annehmen, dann können Sie das Erbe ausschlagen. Die Gründe hierfür können vielfältig sein. Doch wie lange hat man als Erbe überhaupt Zeit, um zu klären, ob man das Erbe annehmen oder ausschlagen will?

Und was passiert, wenn man die Frist zur Ausschlagung verpasst hat, aber das Erbe überschuldet ist?

Rechtsanwalt für Erbrecht Jens-Uwe Friemann informiert in diesem Beitrag über alles Wissenswerte rund um das Thema Erbe ausschlagen.

Erbe ausschlagen
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Übersicht:

Was bedeutet es, das Erbe auszuschlagen?

Wenn Personen entweder durch die gesetzliche Erbfolge oder durch eine gewillkürte Erbeinsetzung mittels eines Testaments oder eines Erbvertrags zu Erben werden, bedarf es keines gesonderten Aktes, damit der Nachlass auf den Erben übergeht. Der Nachlass geht von selbst auf den Erben über, ohne dass dieser etwa das Erbe aktiv annehmen müsste. Rein passiv zu bleiben, reicht in jedem Fall aus.

Es bedarf auch keiner Handlung einer Behörde oder eines Gerichts, den gesetzlichen oder gewillkürten Erben zum Erben zu erklären. Der Erbe muss auch gar nichts davon wissen, dass er zum Erbe geworden ist. Will man als Erbe – aus welchem Grund auch immer – aber den Nachlass nicht erben, muss man dies gesondert erklären. Diese Erklärung nennt man Erbausschlagung.

In welchen Fällen kann man das Erbe ausschlagen?

Wenn man zum Erben wird, übernimmt man nicht nur das Vermögen des Erblassers, sondern auch dessen Schulden. Reicht das vorhandene Vermögen in dem Nachlass nicht dazu aus, die Schulden zu decken, ist der Nachlass überschuldet. Letztlich müsste der Erbe für die Schulden des Nachlasses mit seinem eigenen Vermögen haften und die Schulden begleichen.

Um die Haftung für fremde Schulden mit dem eigenen Vermögen auszuschließen, kann man das Erbe ausschlagen. Dies dürfte zu einem der häufigsten Beweggründe für die Erbausschlagung gehören.

Persönliche oder finanzielle Gründe für eine Ausschlagung

Darüber hinaus können auch rein persönliche oder finanzielle Gründe dazu führen, dass Menschen das Erbe ausschlagen. Persönliche Gründe können sein, dass man mit der Erbschaft und ihren Folgen nichts zu tun haben will.

Finanzielle Gründe können neben einer Überschuldung darin bestehen, dass es sich bei dem Nachlass beispielsweise nur um alte, baufällige oder sanierungsbedürftige Immobilien handelt. Muss man diese Nachlass-Immobilien z.B. aufgrund einer behördlichen Auflage sanieren, kann dies die Finanzen des Erben übersteigen. Auch aus Gründen der Erbauseinandersetzung in Erbengemeinschaften, aus erbschaftsteuerrechtlichen Gründen oder weil die Erben selbst in einem Insolvenzverfahren stecken, kann eine Ausschlagung sinnvoll sein.

In solchen Fällen sollten sich die Erben von einem auf das Erbrecht spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen. Dieser kann beurteilen, ob eine Ausschlagung sinnvoll ist oder ob nicht andere Möglichkeiten für den Erben sinnvoller sind.
Mehr zum Thema finden Sie im Beitrag Beratung im Erbrecht.

Kein Grund für Ausschlagung notwendig

Man muss als Erbe keinen Grund angeben, warum man das Erbe ausschlägt. Es reicht aus, dass man das Erbe ausschlägt. Es kann aber sinnvoll sein, Gründe, wie z.B. die Überschuldung des Nachlasses, anzugeben.

In welchem Zeitraum muss man ein Erbe ausschlagen?

Für die Ausschlagung des Erbes hat man lediglich 6 Wochen Zeit. Bei Erblassern, die ihren letzten Wohnsitz im Ausland gehabt haben und verstorben sind oder bei Erben, die sich beim Beginn der Ausschlagungsfrist im Ausland aufhalten, verlängert sich die Frist auf 6 Monate. Problematisch ist vor allem der Zeitpunkt, ab dem die 6-Wochen-Frist beginnt. Die Frist beginnt zu laufen, wenn man weiß, dass man Erbe geworden ist bzw. beim sog. Anfall der Erbschaft.

Liegt eine gewillkürte Erbfolge vor, d.h. gibt es ein Testament oder einen Erbvertrag, beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt der sog. Bekanntgabe der eröffneten Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht. Bei der gesetzlichen Erbfolge, also wenn kein Testament vorliegt, beginnt die Frist schon ab Kenntnis des Erben vom Tod des Erblassers.

Wie kann ich feststellen, ob ich Schulden erbe?

Als möglicher Erbe kennt man oft den Nachlass des Erblassers nicht genau. Alle notwendigen Auskünfte von Banken oder anderen möglichen Gläubigern einzuholen, kann durchaus eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Auch in solchen Fällen, wenn der Nachlass unübersichtlich ist, verlängert sich die Ausschlagungsfrist von 6 Wochen nicht.

Wenn es schlichtweg nicht möglich ist, sich innerhalb der Ausschlagungsfrist einen Überblick zu verschaffen, ob der Nachlass überschuldet ist, gibt es mehrere Wege, nicht in eine Schuldenfalle zu tappen. Es gibt einmal die Möglichkeit, eine Nachlassverwaltung beim Nachlassgericht zu beantragen.

Nachlassverwaltung

Der vom Nachlassgericht bestellte Nachlassverwalter kümmert sich um den Nachlass und verwaltet ihn. Dies schützt die Erben vor den möglichen Gläubigern und deren Forderungen. Der Nachlassverwalter befriedigt die Gläubiger mit dem Vermögen des Nachlasses. Sollte nach der Nachlassverwaltung noch Vermögen übrig bleiben, erhält der Erbe dieses Restvermögen.

Sollte schlussendlich kein Vermögen aus dem Nachlass mehr übrig sein und sind trotzdem noch nicht alle Schulden getilgt, endet die Tätigkeit des Nachlassverwalters. In der Regel wird dann ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragt. Der Nachteil der Nachlassverwaltung ist, dass auch der Nachlassverwalter aus dem Nachlassvermögen bezahlt werden muss und der Nachlassverwalter die alleinige Verfügungsgewalt über den Nachlass hat.

Nachlassinsolvenz

Andererseits kann man auch den Weg der Nachlassinsolvenz gehen. Ist die Frist für die Erbausschlagung verstrichen, hat man das Erbe angenommen. Stellt sich aber heraus, dass der Nachlass überschuldet ist, gibt es Möglichkeiten, sein eigenes Vermögen zu schützen. Mit der Nachlassinsolvenz wird der Bestand des Nachlasses in ein spezielles Insolvenzverfahren überführt. Ein Zugriff auf das Vermögen des Erben ist damit nicht möglich.

Wie läuft eine Erbausschlagung ab?

Will man das Erbe ausschlagen, kann man dies bei dem zuständigen Nachlassgericht am Sterbeort des Erblassers tun. Hier kann man zu Protokoll geben, dass man die Erbschaft ausschlagen will. Da die Ausschlagung formbedürftig ist, muss die Unterschrift der ausschlagenden Erben von einem Notar öffentlich beglaubigt werden. Die Erbausschlagungserklärung kann auch gegenüber dem Nachlassgericht am Wohnort des Erben abgegeben werden, § 344 Abs. 7 FamFG.

Sind minderjährige Kinder Erben geworden und soll der Nachlass ausgeschlagen werden, so müssen dies die Eltern oder die Sorgeberechtigten entweder durch Erklärung direkt gegenüber dem Nachlassgericht oder mittels Vorlage einer notariell beglaubigten Erbausschlagungserklärung beim Nachlassgericht tun. Außerdem ist hier zusätzlich noch eine familiengerichtliche Genehmigung der Erbausschlagung erforderlich. Für die Dauer des familiengerichtlichen Verfahrens ist der weitere Ablauf der 6-Wochenfrist zur Erbausschlagung gehemmt. Nach Erhalt des Beschlusses vom Familiengericht läuft die restliche Frist weiter ab, d.h. der familiengerichtliche Beschluss muss daher umgehend beim Nachlassgericht abgegeben werden.

Wie teuer ist es, ein Erbe auszuschlagen?

Für die Ausschlagung des Erbes muss man beim Nachlassgericht bzw. beim Notar Gebühren entrichten. Die 0,5-Gebühr ist abhängig vom Wert des Nachlasses. Bei Überschuldung des Nachlasses fällt eine Mindestgebühr von 30 Euro an, vgl. KV 21201 Nr. 7 GNotKG.

Welche Folgen hat eine Erbausschlagung?

Schlägt man das Erbe aus, hat man mit dem Nachlass nichts mehr zu tun. Das Erbe geht dann auf den oder die nächsten Erben über. Sind die eigenen minderjährigen Kinder die nächsten Erben, können und sollten die Eltern für diese gleich mit ausschlagen. Die volljährigen Kinder müssen allerdings selbst ausschlagen, sofern sie dies möchten.

Folge der Erbausschlagung ist aber, dass man keine Gegenstände des Nachlasses behalten darf und zurückgeben muss. Zumeist hat man als Erbe auch keinen Anspruch auf einen Pflichtteil, wenn man das Erbe ausgeschlagen hat. Ein Pflichtteilsanspruch trotz Erbausschlagung kann sich allerdings bei sog. Beschränkungen oder Beschwerungen im Testament, z.B. bei Anordnung der Testamentsvollstreckung, Nacherbeneinsetzung, bei Auflagen und bei Vermächtnissen oder beim sog. Erbrecht des Ehegatten ergeben.

Sollten sich keine Erben mehr finden lassen und alle Erben ausgeschlagen haben, geht der Nachlass an den Staat (sog. Fiskalerbrecht, § 1936 BGB). Dieser wird versuchen, mit den vorhandenen Vermögenswerten des Nachlasses etwaige Schulden zu tilgen. Übrige Schulden verfallen, da der Staat nicht für diese Schulden haftet.

Wer zahlt die Beerdigung, wenn die Erben das Erbe ausschlagen?

Die Beerdigung des Erblassers müssen die Erben bezahlen, so die gesetzliche Regelung in § 1968 BGB. Die Folge wäre, dass die übrigen Erben die Beerdigung bezahlen müssen. Schlagen allerdings alle Erben die Erbschaft aus, fällt die Erbschaft an den Staat. Der Staat kommt dann aber nicht für die Beerdigungskosten des Erblassers auf.

In einem solchen Fall werden die Beerdigungskosten den potenziellen Erben zumeist trotzdem in Rechnung gestellt, auch wenn diese das Erbe ausgeschlagen haben. Die Bestattungsgesetze der Bundesländer sowie § 1615 Abs. 2 BGB bestimmen eine Verpflichtung zur Kostentragung.

Die Ausschlagung des Erbes schützt daher meist nicht vor den Kosten der Beerdigung des Erblassers.

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Jens-Uwe Friemann ist Rechtsanwalt für Erbrecht in Norderstedt und berät und vertritt mit Erfahrung und dem nötigen Expertenwissen schnell und kompetent bei Streitfällen rund um das Erbrecht.

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Jens-Uwe Friemann
Jens-Uwe Friemann ist Rechtsanwalt seit 2007. Im Jahr 2013 schloss er erfolgreich den Lehrgang zum Fachanwalt für Sozialrecht ab. Er ist spezialisiert auf Arbeitsrecht und Erbrecht.